Im Mai 2016 verabschiedete die International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) eine neue nicht rechtsverbindliche Arbeitsdefinition von Antisemitismus:

„Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden, die sich als Hass gegenüber Jüdinnen und Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.“

Darüber hinaus lieferte das Komitee für Antisemitismus und Holocaust-Leugnung Beispiele, um „als Illustrationen“ für die neue Definition zu dienen. Diese Beispiele umfassen:

  • „Der Aufruf zur Tötung oder Schädigung von Jüdinnen und Juden im Namen einer radikalen Ideologie oder einer extremistischen Religionsanschauung sowie die Beihilfe zu solchen Taten oder ihre Rechtfertigung.
  • Falsche, entmenschlichende, dämonisierende oder stereotype Anschuldigungen gegen Jüdinnen und Juden oder die Macht der Jüdinnen und Juden als Kollektiv – insbesondere aber nicht ausschließlich die Mythen über eine jüdische Weltverschwörung oder über die Kontrolle der Medien, Wirtschaft, Regierung oder anderer gesellschaftlicher Institutionen durch die Jüdinnen und Juden.
  • Das Verantwortlichmachen der Jüdinnen und Juden als Volk für tatsächliches oder unterstelltes Fehlverhalten einzelner Jüdinnen und Juden, einzelner jüdischer Gruppen oder sogar von Nichtjüdinnen und Nichtjuden.
  • Das Bestreiten der Tatsache, des Ausmaßes, der Mechanismen (z.B. der Gaskammern) oder der Vorsätzlichkeit des Völkermordes an den Jüdinnen und Juden durch das nationalsozialistische Deutschland und seine Unterstützer und Komplizen während des Zweiten Weltkrieges (Holocaust).
  • Der Vorwurf gegenüber den Jüdinnen und Juden als Volk oder dem Staat Israel, den Holocaust zu erfinden oder übertrieben darzustellen.
  • Der Vorwurf gegenüber Jüdinnen und Juden, sie fühlten sich dem Staat Israel oder angeblich bestehenden weltweiten jüdischen Interessen stärker verpflichtet als den Interessen ihrer jeweiligen Heimatländer.
  • Das Aberkennen des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, z.B. durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen.
  • Die Anwendung doppelter Standards, indem man von Israel ein Verhalten fordert, das von keinem anderen demokratischen Staat erwartet oder gefordert wird.
  • Das Verwenden von Symbolen und Bildern, die mit traditionellem Antisemitismus in Verbindung stehen (z.B. der Vorwurf des Christusmordes oder die Ritualmordlegende), um Israel oder die Israelis zu beschreiben.
  • Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit der Politik der Nationalsozialisten.
  • Das kollektive Verantwortlichmachen von Jüdinnen und Juden für Handlungen des Staates Israel.“

Deutschland war Mitinitiator der IHRA-Definition. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes hatte die Annahme dieser Definition durch 31 Mitgliedsländer der International Holocaust Remembrance Alliance auf der Plenarsitzung 2016 ihren Ursprung in einer deutsch-rumänischen Initiative.

Im September 2017 wurde bekannt gegeben, dass die Bundesregierung die internationale Arbeitsdefinition von Antisemitismus unterstützt. Der ehemalige Innenminister Thomas de Maizière erklärte, den Kampf gegen Judenhass zur Staatsräson für Deutschland. Zusätzlich zu der ursprünglichen Arbeitsdefinition der IHRA hat Deutschland in seine Anpassung einen Satz zur Bekämpfung des Antisemitismus in Bezug auf Israel aufgenommen:

„Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein.“

Die IHRA-Definition wurde von der Bundesregierung einstimmig als angemessene Definition von Antisemitismus anerkannt, jedoch nicht als Gesetz verabschiedet, und ist somit nomineller Natur.