Zivilgesellschaftliche Organisationen - Unkonventionelle Akteure im Prozess der Radikalisierung

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In den anhaltenden Versuchen, die komplexe Palette von Faktoren, die zum Anstieg des Terrorismus beitragen, zu erfassen und zu verstehen, ist der Begriff der “Radikalisierung” nach dem 11. September zu einem verallgemeinerten Schlagwort geworden. Er soll den Prozess bezeichnen, bei dem sich Einzelpersonen oder Gruppen dafür entscheiden sich dem Terror zuwenden.

Dementsprechend ist es nicht überraschend, dass es keine Definition des Radikalisierungsbegriffes gibt, genau wie es beim Begriff Terrorismus der Fall ist. Wie die Expertengruppe der Europäischen Kommission zu gewalttätiger Radikalisierung im Jahr 2008 feststellte, „werden die Begriffe „Radikalisierung“ und „gewalttätige Radikalisierung“ in der Literatur der Sozial- und Geisteswissenschaften nicht einheitlich verwendet.“ Wie es im Folgenden in dieser Arbeit vermerkt ist, bemerken einige Wissenschaftler, dass eine solche Tätigkeit „konkretes gewalttätiges Verhalten beinhaltet, während Andere die Anwesenheit bestimmter Ideen und Überzeugungen die Gewalt zulassen oder rechtfertigen, als Indikator gewalttätiger Radikalisierung ansehen.“1

Trotz dieses Mangels an Konsens scheint es allgemein akzeptiert zu sein, dass die Zivilgesellschaft eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung der Radikalisierung spielen kann und sollte. Während andere Akteure – wie Religionsgemeinschaften, Regierungen und Medien – als potenzielle Akteure sowohl der Radikalisierung als auch der Deradikalisierung wahrgenommen werden, scheint dies nicht für die Zivilgesellschaft zu gelten, die überwiegend als vermittelnde Kraft angesehen wird.

Die vorliegende Arbeit untersucht die Möglichkeiten, inwieweit lokale2 (im Unterschied zu globalen) zivilgesellschaftliche Organisationen als ausgesprochen einflussreiche Akteure dazu beitragen können, radikalisierte Narrative zu verbreiten und zu legitimieren, insbesondere im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Entwicklungshilfe. Wir weisen darauf hin, dass politische Entscheidungsträger und die internationale Gemeinschaft, angesichts des Mangels einer sorgfältigen und eingehenden Analyse dieses Aspekts, bestimmte zivilgesellschaftliche Organisationen als ein erhebliches Hindernis für die Deradikalisierungsbestrebungen übersehen werden. In den ersten Abschnitten wird ein kurzer theoretischer Hintergrund zur Radikalisierung und insbesondere zur potenziellen Rolle der Zivilgesellschaft gegeben. Die folgende Analyse liefert Beispiele für die Radikalisierung in drei verschiedenen Entwicklungshilfekontexten und veranschaulicht mögliche Szenarien. Das Papier stützt sich maßgeblich auf Untersuchungen, die von der NGO Monitor im Zusammenhang mit dem arabisch-israelischen Konflikt durchgeführt wurden. Zusätzliche Fallstudien veranschaulichen, dass dieser Prozess nicht spezifisch für einen Konflikt ist, sondern eher auf strukturelle Probleme in der Entwicklungshilfe im Allgemeinen hinweist, und dies sowohl auf regionaler als auch auf politischer Ebene.

Footnotes

  1. Rogelio Alonso et al (15.05.2008): Radicalization Processes Leading to Acts of Terrorism. A concise Report prepared by the European Commission’s Expert Group on Violent Radicalization, https://biblio.ugent.be/publication/446365/file/6814706 (14.11.2018)
  2. Gerald M. Steinberg, Israel Studies, in Druck 

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